Forum für Philosophie und Politik
Die neue “Brigitte” verkauft sich ohne Models, und Unilever bringt siene Produkte für “wahre Schönheit” mit Kullerbäuchen und Lachfältchen an die Frau. Schönheit, so scheint es, ist heute so Alltäglich wie Geschirr spülen oder Alfa Romea fahren. Seltsam nur, fragt sich die Autorin Astrid Wehmeyer, warum die “Keine-Modells” dennoch so aussehen wie gemalt. Und die Jungs auch nicht mehr sind, was sie einmal waren: Schön wie ein gut gereifter Käse. Zeit, einmal genauer hinzuschaun!
Im Rahmen einer kleinen Tagung, die die Redaktion von bzw-weiterdenken organisisert hatte, stellten die anwesenden Mitdenkerinnen die Frage nach dem “Sichtbar und einflussreich (werden), ohne sich anzupassen”. Und feierten 10 Jahre Flugschrift und 20 Jahre “Wie weibliche Freiheit entsteht”, das Standardwerk aus dem Maiiländer Frauenbuchladen. In ihrem Eröffnungsvortrag verbindet Astrid Wehmeyer diese beiden Anlässe und Gedanken und offeriert ein erweitertes Wirkungsverständnis jenseits alter “Machtprothesen”.
Im September 2008 fand in der Karsthöhle “Hohle Fels” bei Schelklingen ein Hobbyarchäologe eine weibliche Figur, deren Alter auf ca. 35.000 Jahre geschätzt wird. Der Spiegel kommentiert diesen Fund in seiner Online-Ausgabe vom Mai als “betörendes Sexsymbol” und “Fruchtbarkeitsfetisch”. Dass diese Bezeichnungen lediglich den pornografisch verstellten Blick der heutigen, vor allem männlichen Betrachter und Begutachter offenbart, behauptet Astrid Wehmeyer. Und setzt dagegen eine Wahrnehmung, die aus dem Innen kommt: Als Manifestationen eine leiblichen Differenz stehen die ältesten Funde der Menschheit für die symbolische Kraft eines weiblichen Kulturschaffens.
Was passiert, wenn eine Autorin die ganze Welt als einen Haushalt wahrnimmt, zeigt Ina Praetorius in diesem Artikel, der als experimentelles Selbstinterview angelegt ist.
Im Winter 2009 veranstaltete das Frauenzentrum Alzey die ersten Alzeyer Frauengesundheitstage. Schwerpunkt war die Sensibilisierung für Fragestellungen, die besonders Frauen im Zusammenhang mit Gesundheit, Heilen und Krankheit beschäftigen. In Ihrem Vortrag nähert sich Ute Schiran den Gemeinplätzen, die das Verhältnis zum Thema Heilen immer noch bestimmen und öffnet damit eine neue Zugangsebene.
Wenn eine beginnt, über das Erbe der Frauenbewegung kritisch nachzudenken, gerät sie ziemlich schnell in den Verdacht des Revisionismus. Dennoch muss die Frage erlaubt sein, in wie weit die Errungenschaften und Freiheiten der einen Frauen-Generation sich nahtlos auf die nächste übertragen lassen.
Warum haben heute so viele frauenpolitische Bildungseinrichtungen Schwierigkeiten, ihre Angebote mit Besucherinnen zu füllen? Haben sich die Frauen einmal wieder ins Private zurückgezogen? Astrid Wehmeyer stellt in diesem Aufsatz die These auf, dass das veränderte Bedürfnis der Frauen Impulsgeber für eine neue Kultur politischer Bildung von und für Frauen und darüber hinaus sein kann, wenn es als das verstanden wird, was es ist – eine Kultur unterschiedlicher Bedürfnisse.
Warum sind manche Menschen dick? Und warum wurde Dicksein vom Symbol für Reichtum und Fülle zum Stigma des 21. Jahrhunderts, unter dem besonders Frauen leiden? Diesen Fragen geht Gisela Enders in ihrem Buch “Dick das Leben leben” nach. Ihre These ist: Nicht jeder Mensch, jede Frau ist zum “Dünne-Machen” geboren, es gab und gibt dicke Menschen, und dies ist kein Zeichen von persönlicher Schwäche oder mangelhaftem Essverhalten. Sie plädiert für ein neues Selbstverständnis dicker Menschen: Dick und stolz das Leben zu leben.
In der Bundesrepublik leidet jede vierte Frau an so genannten “Essstörungen”. Weitaus mehr noch sind süchtig: Nach Essen, nach Arbeit, nach Beziehungen, nach Tabletten und tausendfach anderen Drogen. Mit dem einen oder anderen Mittel versuchen diese Frauen, der Leere in ihrem Inneren zu entrinnen: Dem Loch im Bauch, der Fühllosigkeit in ihren Körpern und Köpfen, der Einsamkeit und Isolation in ihren Existenzen.
Ein Film von Siegrun Laurent und Uschi Madeisky
Was haben Alphabet und Geld mit dem weiblichen Körper zu tun? Wie entstehen aus Massenhysterie ein freudsches Symptomverzeichnis und schließlich eine weibliche Störung? Und was haben Hysterie und Anorexie gemeinsam? Die Kulturwissenschaftlerin Prof.in Christina von Braun untersucht in diesem Vortrag, den sie im Oktober 2005 auf der Tagung “Zwang zur Norm – Von der Entstehung weiblicher Essstörungen” des Frauenzentrums in Mainz hielt die Entstehungsgeschichte von weiblichen Erkrankungen in patriarchalen Gesellschaften. Und kommt zu interessanten Vergleichen.
Weibliche Essstörungen sind heutzutage in aller Munde. Doch wie entstehen sie, und was könnten Begründungen sein, die weiterhelfen im Verständnis weiblicher Destruktionsmuster statt diese in schon vorgefertigte Klischees zu bannen? Mich beschäftigt die Frage: Sind weibliche Essstörungen vielleicht zu verstehen als eine eigene Sprache des geschundenen Körpers und der in ihm wohnenden Seele, die es zu enträtseln und zu verstehen gilt? Dieser Aufsatz war einer meiner ersten “Übersetzungsversuche”.