Forum für Philosophie und Politik
Von Dorothee Markert
Es ist erfreulich, dass angesichts des drohenden weiteren Erstarkens von rechtsextremen Parteien massenhaft für Demokratie demonstriert wird. Doch auch rechte Parteien, oder zumindest Teile davon, nehmen für sich in Anspruch, demokratisch zu sein. Und innerhalb „demokratischer Parteien“ gibt es ja ebenfalls große Unterschiede im Demokratieverständnis. So hat gerade ein Kanzlerkandidat versprochen, das in mühsamer demokratischer Verhandlungsarbeit geschaffene Selbstbestimmungsgesetz gleich wieder rückgängig zu machen, wenn er gewählt wird.
Was ist denn nun der Kern, das Unverzichtbare, wenn wir für die Demokratie eintreten wollen?
Die Philosophin Andrea Günter hat ihren Vortrag über Feministische Außenpolitik, über den ich hier berichtet habe, auf Anregung von Christel Göttert zu einem gut verständlichen Buch erweitert, das alle lesen sollten, denen die Demokratie bzw. eine Politik am Herzen liegt, die nicht an vielen Stellen inhuman ist.
Durch dieses Buch habe ich besser verstanden, vor welche zentralen Fragen wir dabei immer wieder neu gestellt sind: Wie soll damit umgegangen werden, dass wir Menschen als viele Verschiedene und jeweils Einzigartige die Erde bewohnen? Wie kann verhindert werden, dass diese Pluralität von neuen Tyrannen zugunsten einer Einheitlichkeit oder als höher propagierter Werte beschnitten und gewaltsam unterdrückt wird? Oder patriarchal in gegensätzliche Rollen gezwungen wird wie das Eine und das Andere, das Männliche und Weibliche, das Einheimische und das Fremde, das Starke und das Schwache, usw.? Und wie kann ein Zusammenleben gelingen, in dem wir der Tatsache menschlicher Pluralität weitmöglichst gerecht werden?
Die Entscheidung zwischen pluralitätsoffenem und pluralitätsfeindlichem Denken muss also immer wieder neu getroffen werden, auch innerhalb von Demokratien. Wie Andrea Günter darlegt, geschieht das mindestens seit Platon und Aristoteles, also seit 2500 Jahren.
Andrea Günter, Grundlagen einer Feministischen Außenpolitik. Patriarchatskritik und die Politik der Pluralität, Christel Göttert Verlag, Rüsselsheim 2024