Forum für Philosophie und Politik
Von Brigitte Leyh
Durch Zufall wurde ich auf das Buch „Was Männer kosten“ von Boris von Heesen aufmerksam gemacht. Das passt gut zur Zeit des brutalen Ukraine-Krieges, in der sich viele Gedanken über Putins Seelenleben machen: Hat der Westen den armen Mann so gekränkt? Oder treibt ihn die Erinnerung an seine in Petersburg unter schrecklicher deutscher Belagerung fast verhungerte Mutter um, und deshalb ist ihm das Leben von Millionen Toten egal?
Schon der Tenor im Titel ließ mich das Buch kaufen und ich wurde nicht enttäuscht: Auf 276 Seiten mit umfangreichem Anhang, Anmerkungen und Belegen trat das erahnte Gruseln ein. Männer – bzw. deren toxische Männlichkeit – kosten die deutsche Gesellschaft pro Jahr 63 Milliarden Euro und Schuld daran ist ihre falsche Erziehung und Sozialisation. Es sei dringend erforderlich, ein neues Männlichkeitsbild zu entwerfen, damit schon Jungen lernen können, zu ihren Gefühlen zu stehen und Empathie für andere zu entwickeln, damit sie es nicht nötig haben, verdrängte Gefühle in Aggression und Geltungsstreben auszutoben.
Der Wirtschaftswissenschaftler ist bei seiner Arbeit in Drogenhilfe, Männer- und Jungenarbeit immer wieder auf den Zusammenhang zwischen verdrängten Gefühlen und Delikten, Sucht etc. gestoßen und hat erkannt, dass das Männerideal als solches junge Menschen und die Gesellschaft in die falsche Richtung schickt. Er will kein Männerbashing betreiben, sondern Konsequenzen aus seinen vielen Analysen ziehen, aus denen hervorgeht, dass Männer und Jungen der größte Kostenfaktor des Landes sind.
Bei den Kosten für Gefängnisaufenthalte, häusliche Gewalt, bei Suchtkrankheiten und Folgen, Wirtschaftskriminalität, in der Jugendhilfe, bei Fußballkrawallen und bei Verkehrsunfällen: Überall stellen die Männer die Majorität der Beteiligten, erfordern Polizeieinsätze, Reparaturen, Arbeitsausfälle, Krankenhausaufenthalte etc., folglich sind sie die Hauptverursacher immenser gesamtgesellschaftlicher Kosten.
Das Missverhältnis zwischen den Kosten, die Männer im Vergleich zu Frauen verursachen, wird – leicht auffindbar – in übersichtlichen Schwarz-Weiß-Piktogrammen dargestellt: Neben dem großen Männchen steht das kleine Frauchen, dazu jeweils die dazugehörigen Millionen und Milliarden. Oder, wie im Kapitel „Männer mit eingebauter Vorfahrt- Kosten durch Verkehrsunfälle“, das Pikotgramm vom große Auto und dem kleinen Frauen-Autochen.
Von Heesen bleibt aber nicht beim Entlarven der Zustände stehen, sondern macht konkrete Lösungsvorschläge, nachdem er noch ein Extrakapitel dem Thema „Blinde Wut – Männer und ihr Hass auf Frauen“ gewidmet hat. Wie viele Amokläufe mit Erschießungen von Frauen gab es schon?
P.S. Die WELT vom 22. 10.14 führte den dänischen Politikwissenschaftlicher Lomborg an: Er schätzte, dass die Gewalt gegen Frauen und Kinder weltweit jedes Jahr 8 Billionen Dollar koste, in Deutschland allein 3,8 Milliarden.
Endlich, Argumente ohne Ende. Kann doch kein Mann und keine Frau mehr sagen, dass wir als erste Handlung das Patriarchat überwinden müssen. Und zwar das innere und das äußere Patriarchat.
Für das nächste Jahr muss ich nicht mehr darüber nachdenken was ich verschenke.
Claire Waldoff hat das Problem schon besungen:
“Ach, was sind die Männer dumm!”
(Selbstverständlich auf Berlinisch)