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Frauen in der Sportberichterstattung

Von Juliane Brumberg

Wenn Frauen die Führung übernehmen, entwickeln Sportverbände sich positiv. Das war eine interessante Information bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Journalistinnenbund und Deutschlandfunk, in der es überwiegend um die politische Dimension der alltäglichen Sportberichterstattung ging.

„Raus aus der Abseitsfalle“ war die Veranstaltung, ein sogenanntes Medienlabor, überschrieben, die der Journalistinnenbund in Kooperation mit dem Deutschlandfunk zu Frauen in der Sportberichterstattung organisiert hatte. Und so ist es, die Frauen stehen im Abseits, sowohl als Berichterstatterinnen und Kommentatorinnen über Sportereignisse als auch als aktive Sportlerinnen, über die viel zu wenig berichtet wird.

Das als Präsenzveranstaltung geplante Medienlabor fand, Corona geschuldet, leider nur digital statt, aber es wurde aufgezeichnet und kann unter diesem link angeschaut werden. Und es ist, obwohl es drei Stunden dauert, keine Minute langweilig, ideal für lange Winterabende in der Corona-Zeit. Ich selber bewege mich lieber sportlich, als dass ich Sportsendungen verfolge, bin also keine Expertin, aber hier ging es um etwas ganz anderes, nämlich um die sehr unterschiedliche Weise, wie und von wem über Männer und Frauen im Sport berichtet wird. Warum heißt es 1. und 2. Bundesliga, wenn es Männer sind, die hinter dem Ball herlaufen und Frauenfußball, wenn Frauen Fußball spielen? Warum wird bei einer Bundestrainerin für Stabhochsprung davon ausgegangen, dass sie nur Frauen trainiert? Und ob das ein Ehrenamt ist? Warum können nur 48 Prozent der Spitzensportlerinnen von dem Geld leben, das sie bekommen? Warum wird bei einer Fußballkommentatorin gefragt, ob sie überhaupt eine Erlaubnis hat, sich außerhalb der Küche aufzuhalten? Wie mit einem Brennglas zeigt sich auch beim Sport: Männer sind die Norm, Frauen die Abweichung, das Außergewöhnliche. Das Schlimme ist eigentlich, dass uns dies im Alltag noch nicht einmal auffällt. Wir sind es nicht anders gewöhnt

Hochdifferenziert haben darüber beim Medienlabor Sportjournalistinnen sowie eine Trainerin und eine ehemalige Spitzensportlerin diskutiert. Schon der Keynote der ZDF-Sportreporterin Claudia Neumann zuzuhören, war ein Genuss. Ihre Kolleginnen aus anderen Medien in den anschließenden Diskussionsrunden standen ihr in nichts nach, zumal alle immer bemüht waren, nicht die üblichen Anschuldigungen zu wiederholen, sondern herauszuarbeiten, in welchen Konstellationen Männer und Frauen völlig unkompliziert und gleichberechtigt zusammenarbeiten und unter welchen Bedingungen das nicht der Fall ist: Häufig dann, wenn in Redaktionen mit vielen älteren gestandenen Männern junge Kolleginnen neu dazukommen. In jungen Redaktionen dagegen sei das Geschlecht kein Thema. Ein Thema ist es aber leider für unqualifizierte, anonyme Wichtigtuer in den sozialen Netzwerken, die Frauen, insbesondere als Fußballkommentatorinnen, übelst beleidigen. Warum eigentlich?

Dazu hatte die Sportsoziologin Ilse Hartmann-Tews Einiges zu sagen. Allein der Rückblick in die Geschichte zeige, dass schon beim Turnvater Jahn Sport nur männlich gedacht und zum Teil militärisch ausgerichtet war. In der Schule gab es ein Pflichtfach Sport lange Zeit nur für Jungen. Erst 50 Jahre später wurde es für Mädchen eingeführt, dann aber mit Gymnastik und Tanz und nicht mit Fußball und Rugby. ‚Mannhaftigkeit‘ galt lange als das Wesentliche des Sports.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung, wurde deutlich, dass auch die Sportverbände große Probleme mit dem Thema ‚Sexuelle Gewalt‘ und – ähnlich wie die Kirchen – noch keinen guten Weg gefunden haben, damit angemessen umzugehen.  

Zurück zur Sportberichterstattung, in der, so Hartmann-Tews, die Marginalisierung von Frauen Kontinuität hat. Außerdem würden sie weniger bei der Ausübung ihres Sports gezeigt, sondern am Spielfeldrand oder im privaten Umfeld. Das nannte sie ‚Entsportlichung‘ der Frauen. Aber, und das finde ich einen besonders interessanten Aspekt, Hartmann-Tews hatte auch Positives zu berichten: Frauen im Präsidium oder als Vorsitzende eines Sportverbands verändern dessen Situation positiv, sowohl bei der Gewinnung Ehrenamtlicher, als auch bezogen auf die finanzielle Situation. Frauen würden sich nach diesen Positionen nicht drängen, aber hineinwachsen und nach ein paar Jahren zeige sich, dass ein weiblich geführter Verband besser geführt werde.

Insgesamt also eine sehr informative und auch wichtige Veranstaltung von Journalistinnenbund und Deutschlandfunk. Gerade weil wir beim Thema Sport oft nicht politisch hinschauen, sondern uns eben für den Sport und die Ergebnisse interessieren, bemerken wir nicht, wie uns ganz subtil überholte Rollenbilder mitgeliefert werden, die sich dann verfestigen.

Kommentare zu diesem Beitrag

  • Brigitte Leyh sagt:

    Das sind gute Nachrichten, liebe Juliane Brumberg! Überhaupt tut sich zur Zeit viel Positives in Sachen Gleichberechtigung. Ich denke da z. B. auch an die Weigerung der norwegischen Beachvolleyballerinnen in den “sexy” Minihöschen anzutreten

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