Forum für Philosophie und Politik
Von Antje Schrupp, Dorothee Markert, Andrea Günter
Zum 20. Jubiläum der Flugschrift „Liebe zur Freiheit, Hunger nach Sinn. Flugschrift über Weiberwirtschaft und den Anfang der Politik“ wurde das Büchlein im Christel Göttert Verlag neu aufgelegt und wird hier im Forum auch erstmals online veröffentlicht (hier der Link zum Anfang). Dies ist das 13. Kapitel: Erwerbsarbeit.
Der Kampf der Frauenbewegungen um Emanzipation ins Berufsleben hat dazu geführt, dass es für Frauen heute selbstverständlich ist, grundsätzlich berufstätig sein zu können. Wir teilen die Befürchtung nicht, diese Freiheit könnte den Frauen wieder genommen werden. Es geht heute nicht mehr um den Kampf gegen Weiblichkeitsideologien, die den Frauen das Recht auf Berufstätigkeit absprechen.
Es hat sich jedoch auch gezeigt, dass Erwerbstätigkeit allein die Frauen nicht aus ihren dienenden Rollen befreit hat. Das Entgegensetzen von angeblicher Freiheit und Selbstverwirklichung durch Erwerbsarbeit und angeblicher Unfreiheit und Selbstverleugnung bei Familienarbeit stellt eine falsche Alternative dar. Trotz aller Schwierigkeiten sollten wir den Anspruch nicht aufgeben, beide Lebens- und Arbeitsbereiche nach unseren Vorstellungen zu gestalten.
Ernst nehmen sollten wir die Distanz erwerbstätiger Frauen zu Gewerkschaftsforderungen, die rein quantitativ an Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung orientiert sind. Frauen sind und waren auch im Beruf immer wieder gute Beziehungen und der Sinn ihrer Arbeit wichtig – und gegen diese Optionen dürfen nicht andere berechtigte Anliegen, wie Kritik an ungesicherten Arbeitsverhältnissen, gesundheitsschädlichen Arbeitsplätzen, erzwungener Flexibilität und niedrigen Frauenlöhnen ausgespielt werden.
Damit sich die Sinn- und Beziehungsorientierung nicht mehr wie bisher zum finanziellen Nachteil der Betreffenden auswirkt, muss gewährleistet werden, dass Frauen in allen Bereichen, vor allem wo sie Care-Arbeit leisten, das ihnen zustehende Geld erhalten.
Die Orientierung an gelingenden Beziehungen auch im Arbeitsumfeld und die Wertschätzung für die Sinnhaftigkeit von Arbeit sind wichtige Maßstäbe bei der notwendigen Umgestaltung der Wirtschaft im Hinblick auf die Bedürfnisse der Menschen. Sie dürfen nicht gering geschätzt und den Frauen etwa durch Managementkurse und den Rat, mehr „Ellenbogen“ zu zeigen, aberzogen werden.
Aus: Ulrike Wagener, Dorothee Markert, Antje Schrupp, Andrea Günter: Liebe zur Freiheit, Hunger nach Sinn. Flugschrift über Weiberwirtschaft und den Anfang der Politik. Christel Göttert Verlag, Rüsselsheim 1999, Neuauflage 2019