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Niemals Selten Manchmal Immer

Von Antje Schrupp

Schwanger, mit 17, ohne feste Beziehung – Autumn weiß genau, dass sie jetzt in dieser Situation, kein Kind bekommen möchte. Zuhause lebt sie in bedrückenden Familienverhältnissen, ihr Job an der Supermarktkasse bietet kaum Chancen. Also sucht sie nach Möglichkeiten einer Abtreibung, was aber im ländlichen Pennsylvania gar nicht so einfach ist. Hilfe findet sie nur im Internet und bei ihrer Cousine Skylar.

Autumn (Sidney Flanigan, links) und ihre Cousine Skylar (Talia Ryder, rechts) versuchen in New York City, eine Abtreibung für Autumn zu bekommen.

In der lokalen Klinik hingegen wird sie von der Ärztin moralisch unter Druck gesetzt und, wie sich später herausstellt, auch noch über den Stand ihrer Schwangerschaft belogen. Außerdem braucht sie als Minderjährige in Pennsylvania für eine Abtreibung die Einwilligung der Eltern, aber mit denen kann und will sie nicht reden.

Stattdessen fährt Autumn (grandios gespielt von Sidney Flanigan) zusammen mit ihrer drei Jahre älteren Cousine Skylar (Talia Ryder) heimlich nach New York City, wo es andere Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch gibt und damit Möglichkeiten und Anlaufstellen. Doch dabei stellt sich heraus, dass sie nicht in der zehnten, sondern bereits in der achtzehnten Woche ist, und das kompliziert die Lage erheblich.

Die amerikanische Independent-Regisseurin Eliza Hittman erzählt ihre Geschichte fast dokumentarisch, weder zeigt sie ihre Protagonistin als Opfer, noch verschweigt sie die desaströsen Umstände, denen Jugendliche wie Autumn ausgesetzt sind. Es sind diese Verhältnisse, die der zunächst merkwürdig anmutende Titel anspricht: „Niemals Selten Manchmal Immer“ lauten die vier Antwortmöglichkeiten für Fragen eines Fragebogens, den Autumn vor dem Eingriff bei einer Sozialarbeiterin zu ihren Lebensumständen beantworten muss: Wie oft werden Sie geschlagen? Wie oft erleben Sie sexuelle Gewalt? Niemals? Selten? Manchmal? Immer?

Die Regisseurin zeigt die beiden jungen Frauen auf einer trostlosen Odyssee durch New Yorker Busbahnhöfe, Bars, Hamburgerläden und Warteräume –  in empathischen Großaufnahmen, die jede Gefühlsregung registrieren, Enttäuschung, Angst, Entschlossenheit. Was für eine Gesellschaft ist das, in der reproduktive Selbstbestimmung nur unter solchen Verhältnissen zu bekommen ist?

Natürlich ist dieser Film politisch wichtig in einer Zeit, wo konservative Kräfte dabei sind, die Rechte Schwangerer auf körperliche Selbstbestimmung wieder massiv einzuschränken. Und nach dem Tod von Ruth Bader Ginsburg vorige Woche droht nun mit Trumps Nominierung der Katholikin Amy Coney Barrett eine ausgewiesene Abtreibungsgegnerin in den Supreme Court der USA nachzurücken – und dort stehen in den nächsten Jahren zahlreiche Abtreibungsgesetze zur Entscheidung an.

Mit seiner direkten und zugleich subtilen Erzählweise ist „Niemals Selten Manchmal Immer“ aber nicht einfach nur ein politischer Film von aktueller Brisanz. Sondern es ist auch richtig gutes Kino.

In Deutschland kommt der Film am 1. Oktober in die Kinos. Hier ein Link zum Trailer

Eine Themen-Preview mit einem Online-Panel zum Thema gibt es am Montag, 28. September, mehr Infos dazu hier. An diesem Tag rufen unter dem Motto “Schwangerschaftsabbruch ist Grundversorgung: Egal wo. Egal wer. Egal warum” in Deutschland über 100 Organisationen, Parteien und Bündnisse in Deutschland zum Safe Abortion Day auf. In mehr als 50 Städten finden rund um den 28. September Kundgebungen, Lesungen, Demos und viele weitere Aktionen statt. Informationen der Website:
https://safeabortionday.noblogs.org/mitmachen/aktionen-2020/.

Autorin: Antje Schrupp
Eingestellt am: 26.09.2020

Kommentare zu diesem Beitrag

  • Elfriede Harth sagt:

    Danke für diesen Hinweis. Ich bin sehr gespannt auf den Film. Und danke auch für Dein ausgezeichnetes Plädoyer für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Schwangeren!

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