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Von Antje Schrupp
Am 31. Oktober kommt in Deutschland der Film “Portrait einer jungen Frau in Flammen” von Céline Sciamma in Kino. Unbedingt sehenswert!
Ende des 18. Jahrhunderts, auf einer abgelegenen Insel in der Bretagne: Die geschäftstüchtige Malerin Marianne (Noémie Merlant) soll ein Hochzeitsportrait der adeligen Héloïse (Adenel Haenel) anfertigen, was allerdings heimlich geschehen muss, da diese gar nicht heiraten will und sich weigert, zu posieren.
Also gibt sich Marianne im Auftrag von Héloïses Mutter, die die Hochzeit vorantreibt, als Gesellschafterin aus. Sie beobachtet ihr Sujet bei langen gemeinsamen Spaziergängen und malt sie später aus dem Gedächtnis. Dabei kommen die beiden Frauen sich näher. Als das Portrait fertig ist, gesteht Marianne den eigentlichen Inhalt ihres Auftrags. Héloïse aber ist mit dem Bild unzufrieden und fordert die Künstlerin heraus, es noch ein zweites Mal zu versuchen.
Die französische Regisseurin Céline Sciamma hat mit ihrem Film die großen Themen der Moderne – individuelles Begehren, weibliche Emanzipation, bürgerliche Gleichheit – im Rahmen einer berührenden Liebesgeschichte in Szene gesetzt. Ein perfektes Drehbuch und brillante Hauptdarstellerinnen machen den Film selbst zu einem bewegten Gemälde. Form und Inhalt kommen hier zusammen: Blicke prägen die Beziehungen, und Beziehungen prägen die Blicke.
In der kurzen Zeit, die Marianne und Héloïse gemeinsam haben, verwirklichen sie eine Art Utopia, in dem Subjekt und Objekt einander als Gleiche begegnen und Klassenunterschiede vorübergehend aufgehoben sind – auch das Dienstmädchen Sophie ist ein Teil dieser neuen Gesellschaft.
Zwar kann es für die Protagonistinnen in ihrer Zeit kein „Happy End“ im konventionellen Sinn geben. Aber am Ende sind sie doch nicht an einer unmöglichen Liebe zerbrochen, sondern um die Erfahrung einer möglichen Liebe reicher.
Yes, ich habe den Film Ende September auf dem Zürich Filmfestival gesehen und war auch sehr begeistert, berührt von der Intensität der Geschichte, dem sich verdichten von Leidenschaft und Vertrautheit (raus aus dem Korsett) , den Bildern, die Zeit geben, mit hineinzugehen, in was entsteht zwischen allen Frauen und dem Mut ihrer Hingabe. Die Frauen sind sich selbst Fülle und vollkommen genug. Am Ende taucht ein Mann auf, der plötzlich in der Küche sitzend wie die ganze intime Atmosphäre, Keimzone der Frauen beendet, die Exklusivität dieser einen Woche, wohl beenden muss, da “wie schade” irgendwo ein werdender Ehemann auf Heloise wartet. Und wie Antje gut beschreibt, reicher geworden um diese Erfahrung, auch im körperlichen Sinne, sich als Frau so selbst kennenzulernen, unmittelbar und ganz frei, was für ein Gewinn für’s Leben. Unbedingt anschauen, Ja!