Forum für Philosophie und Politik
Von Antje Schrupp
In ihrem dritten Spielfilm schildert die französische Filmemacherin und Schauspielerin Agnès Jaoui von den Wirren und Fallstricken des Lebens in heutigen Zeiten. Ein sehenswertes Stück europäisches Kino.
Jaoui selbst spielt Agathe Villanova, eine aufstrebende Politikerin und Feministin, die auf dem Quotenticket von ihrer Partei nominiert wurde und mitten im Wahlkampf ist. Die Beziehung zu ihrer Schwester Florence, die noch im Elternhaus auf dem Land lebt und mit ihrem sehr konventionellen Eheleben unzufrieden ist, ist angespannt – war Agathe doch immer in der Rolle der Stärkeren, die von der Mutter mehr geliebt und gelobt worden war.
Agathe kommt aus Anlass des ersten Todestages ihrer Mutter für eine Woche aus Paris in ihr kleines Heimatstädtchen. Zwei Filmemacher nutzen die Gelegenheit, um sie als Lokalprominenz fürs Fernsehen zu portraitieren: Michel, ein ziemlich großspuriger, aber schon etwas abgehalfterter Filmemacher, und Karim, der an einer Hotelrezeption jobbt, aber einen guten Blick fürs Filmemachen hat. Er stellt den Kontakt her, denn er kennt Agathe schon von klein auf: Seine Mutter Mimouna arbeitet seit ihrer Jugend als Haushälterin für die Familie Villanova.
Klar erkennbar sind die “Typen”, die die politischen und gesellschaftlichen Diskurse heute prägen: Die emanzipierte Feministin auf dem Karriereweg, der junge Mann mit “Migrationshintergrund”, die unzufriedene Hausfrau, die sich aber zur Veränderung nicht aufraffen kann. Und auf der anderen Seite der aus der Mode gekommene Patriarch, der sich ständig blamiert, und die “alte Weise”, deren Rat jedoch nicht mehr so recht gefragt ist. Und genau dies sind auch die Themen die verhandelt werden – Konflikte zwischen Frauen und Männern, Rassismus und soziale Unterschiede, der Druck des heutigen Karrierismus.
Doch so klischeehaft dieses Setting auf den ersten Blick wirkt, so intelligent gelingt es Jaoui, diese Themen zu erzählen. Nicht nur, dass man beim Zuschauen niemals weiß, wie die Geschichte weitergeht. Vor allem werden die Licht- und Schattenseiten aller Beteiligten quasi gleichberechtigt gezeigt, und die Zuschauerin schwankt ständig zwischen Ärger und Sympathie für die einzelnen Figuren. Niemand ist bloß Opfer, niemand ist bloß Täter oder Täterin. Die beiden Seiten werden nicht aufgelöst, nicht auf einen Nenner gebracht, sondern bleiben nebeneinander stehen. Und das alles noch mit einer guten Prise Humor. Reingehen!
Kinostart in Deutschland ist am 30. Juli.